Der Zufall ist vielleicht eine der wichtigsten Linien im Leben. Nicht planbar, nicht vorhersehbar. Einfach da, vor allem dann, wenn es nicht paßt. Oder nicht gesucht wird.
Wo fange ich nun an, um die Fäden zu ziehen, damit der Familie Kleeblatt Blog wieder belebt wird?
- Es beginnt mit folgendem Gedanken.Jeder Blog, jede Website hat etwas Zufälliges – google und andere helfen uns zwar dabei, Websites einfacher zu finden – und je nach Suchfilter und -programm prominenter zu entdecken oder auch nicht. Zufällig eben. Mit Dingen unseres, meines Alltags verhält es sich genauso. Viele Dinge kommen ungeplant hinzu, tauchen wieder auf, verschwinden wieder für lange Zeit. In etwa wie Erinnerungen, wenn mich bspw. meine Mutter fragt, ob mich noch an dieses oder jenes aus meiner Kindheit erinnern könnte. Häufig leider nicht – aber Fotos oder andere Dinge helfen nach. Ein Blog, dieser Blog, seit Jahren immer mal wieder zufällig ergänzt, wird erweitert um eine Rubrik mit hoffentlich 1000 Beiträgen. Jeder Beitrag spiegelt einen Gegenstand meines Lebens oder einer Erinnerung.
- Mein früherer Chef beim vzbv, Carel Mohn, erläuterte mir vor Jahren mal das Prinzip der Serendipität, ein in der deutschen Sprache nicht so elegant lesbares Wort, lieber Serendipty. Kurz gesagt, etwas zu finden, was wir nicht gesucht haben. Ich mochte das Wort von Anfang an, war es doch spannend oder wie Inga sagte quirky genug, um bei uns zu bleiben – im Alltag. Meine Beiträge werden nicht geplant sein, sondern zufällig – sie spielgen mich, mein Leben und die der Kernfamilie Kleeblatt, die von Jahr zu Jahr kleiner wird. Leider.
- Mein dritter Gedanke geht dahin, dass ich in einer Studie einst gelesen habe, dass Menschen in der Frühen Neuzeit, also um 1500, im Erbfall vielleicht 50 Gegenstände vererbten: meist eine Aussteuerkiste, Teller, Besteck, übwiegend geringwertige Habeseligkeiten. Heutzutage hat der einfache Hausstand zehntausende Dinge, überwiegend Schrott. Oder wie ein Hausentrümler mir einst erklärte: Hausstände gegründet vor 1970 lohnen sich, ab dann findest Du nur noch Ikea, Plastikmüll und eben Schrott. Was also sind die Dinge, die uns ein Leben lang begleiten? Konrad, ein anderer Freund, würde hierzu sagen: Wertiges. Dinge, die Du jahrzehntelang (be-)nutzen kannst. Was aber mit einer CD? Was werde ich auswählen? Ich überlasse es, richtig, dem Zufall.
- Zufall und Irritation liegen nahe beieinander. Jedenfalls für die, die Platz oder Aufmerksamkeit haben. Wie ich, zumindest für den Moment. So kommt es, dass ich in meinem 100 Quadratmeter großen Lager, vier Meter hoch mit locker 50 Meter Regalen an der einen oder anderen Stelle aus Gutmütigkeit auch Dinge eingelagert habe, die die Familie durch den Erbfall schnell verstauen musste und nun dort ab und an wieder auftauchen. Und die mich irritieren, weil sie mir ein Fenster in die Vergangenheit öffnen, die ich kenne oder: noch nicht kenne. Diese Fenster will ich öffnen und auch: wieder schließen.
- Meine Tochter. Ich denke ganz häufig daran, dass mein technikaffiner Vater einen fetten Plattenschrank hatte, mit vielen wunderbaren Scheiben in Neonfarben. Die faszinierten mich als Kind, weil sie so deutlich anders aussahen als die anderen feingerillten Schwarzscheiben. Und über dem Plattenschrank stand eine Bandmaschine, riesige Bänder, schwer, mit Holzkasten. Und mit Peak-Nadeln, die bei den Aufnahmen zufällig zuckten, weil wir den Ton nicht über den Lausprecher hören konnten. Mein Vater zeichnete Nachtstrecken im Radio auf – für wen auch immer. Diese Sachen sind alle weg: entschwunden. Und in diesen Momenten ertappe ich mich dabei, welche Dinge Friederike mit der gleichen Nostalgie betrachten wird. Ist es der SPD-Parteiausweis mit den Willy Brandt-Marken meines Großonkels? Sind es die vielen hundert Bücher von Ulrike und mir oder die vielen Bildbände zur Fotografie des 19. Jahrhunderts? Wer weiß, vielleicht mache ich es ihr einfach und sie braucht nur 1000 Beiträge lesen.